Leseprobe: Leben nach dem Leben

Seele und Geist:

Es gibt kaum zwei Begriffe, die ein solches Durcheinander aufweisen wie „Seele“ und „Geist“. Bald bezeichnet man mit beiden dasselbe, bald Verschiedenes, bald nimmt man sie als gleichgeordnete, bald als übergeordnete Begriffe, und auch dann lässt man sie das Verschiedenartigste ausdrücken.

Bei dieser Sachlage scheint es nun das Richtigste, hinsichtlich dieser Begriffe auf ihre ursprüngliche Bedeutung zurückzugeben. Das schuldet man schon der geschichtlichen Wahrheit, und wenn es sich wie hier um Begriffe handelt, in welche die weitere geschichtliche Entwicklung geradezu endlose Verwirrung gebracht hat, dann ist m. E. das einzig mögliche Heilmittel, aus diesem Wirrwarr herauszukommen, dies, dass man auf den ursprünglichen Begriff zurückgeht. —- Und da liegt die Sache nun in der Tat außerordentlich einfach.

Seele“ bezeichnete ursprünglich die Lebenskraft, welche die Lebewesen im Gegensatz zu dem Unbelebten beherrscht und ihre Bewegungen sowie das Wachstum verursacht. Später änderte sich schon in der griechischen Philosophie der Begriff; bereits Aristoteles unterschied die ernährende Seele der Pflanzen von der empfindenden Seele der Tiere und der denkenden Seele der Menschen. Hier ist offenbar schon zweierlei durcheinander geworfen, was unsere weitere Betrachtung wird untersuchen müssen.

Jedenfalls aber hat die neuere Philosophie aufgrund naturwissenschaftlicher Überlegungen ergeben, dass es nicht berechtigt ist, einen sehr scharfen Unterschied zwischen der ernährenden und empfindenden Seele zu machen; ein grundsätzlicher Unterschied ist nicht vorhanden: Wir sind berechtigt, beides als „Seele“ zusammenzufassen.

Nun aber ist ja das, was dieser alte Begriff „Seele“ bezeichnet, gerade die Eigenart des Lebens dem Unbelebten gegenüber, also das, wofür wir einen Ausdruck suchen. Mag man damals auch damit eine falsche Anschauung verbunden haben, im Prinzip bleibt es doch dasselbe. Und wenn wir heute auch nicht mehr von „Lebenskraft“ reden wollen, weil dies Missverständnisse erzeugen könnte, so sind wir doch durchaus berechtigt in der Philosophie, für die Eigenart des Lebens wieder jenen uralten Begriff der „Seele“ in Anspruch zu nehmen.

Nach dem, was wir gesehen haben, ist also „Seele“ die besondere immaterielle Erscheinungsform des Lebens, welche in den Lebewesen die Tätigkeit der chemisch-physikalischen Energien leitet und regelt und damit auch ein informationsverarbeitendes System.

Am Anfang unserer Betrachtungen haben wir gesagt, dass wir auf dem Boden der Wissenschaft bleiben wollen. Gemeint war die Naturwissenschaft. Der philosophische Begriff der Seele ist für unsere Betrachtungen wenig hilfreich. Um stattdessen einen naturwissenschaftlichen Begriff zu verwenden, brauchen wir uns nur ins Gedächtnis zu rufen, wie wir das Bio-Regulationssystem definiert haben und dann mit der Definition der Seele vergleichen. Dabei stellen wir fest, dass beide Definitionen als bestimmendes Merkmal das Leiten und Regeln der chemisch-physikalischen Energien haben. Wir können also statt Seele den Begriff Bio-Regulationssystem oder nur Regulationssystem verwenden, denn beides ist das Gleiche.

Noch auf einen Punkt sei hier hingewiesen. Wir haben gesagt, dass die Erscheinungsform des Lebens, nun sagen wir das Regulationssystem, den Körper beherrscht; das zeigt sich besonders, wenn wir die Entwicklung der Lebewesen betrachten. Auch hier finden wir einen grundsätzlichen Unterschied zwischen „Unbelebtem“ und „Lebendem“.

Im Gegensatz zu allen toten Naturkörpern, deren Bildung sich lediglich durch das Wechselspiel der Energien des Stoffes und seiner Umgebung vollzieht, „entwickeln“ sich alle Lebewesen, d. h., sie bilden sich unter stufenweiser Ausgestaltung von innen heraus aus einem einfachen Zustand zu größerer Vollkommenheit. Hierbei entstehen die Organe aus einem vorher gleichartig-ungeschiedenen Zustand, dessen erster Anfang das Ei ist, d. h. eine Zelle, die zwar organisiert ist, aber noch nichts erkennen lässt von den späteren Organen des betreffenden Wesens.

Auch die Ausbildung dieser Organe ist ein Vorgang von höchster Zweckmäßigkeit, ganz beherrscht von den Lebensbedürfnissen des betreffenden Wesens und diesen durchaus entsprechend. Und was ganz besonders bemerkenswert an diesem Vorgang ist: Er erfolgt in Voraussicht und Fürsorge für die Zukunft, in der die Organe erst eine Rolle spielen werden.

Es liegt auf der Hand, dass diese Ausbildung der Organe, diese Entwicklung, ebenfalls ganz unter den von uns gefundenen Begriff der Erscheinungsform des Lebens, also, wie wir jetzt sagen wollen, des Bio-Regulationssystems fällt. Das Regulationssystem hat nicht nur die Aufgabe der Erhaltung des Organismus, sondern auch seiner Bildung. Es ist demnach ein organisierendes Prinzip.

Das Letztere stimmt übrigens ganz überein mit dem, was wir von der Regeneration gesagt haben; denn auch hier ist die Tätigkeit des Regulationssystems eine organisierende.

Das Wesentliche ist bei alledem, dass hier Neubildungen stattfinden, dass es sich also um ein in gewissen Grenzen schöpferisch wirksames Prinzip handelt, wiederum ein ganz bedeutsamer Unterschied zu der rein energetischen Erscheinungsform, welche niemals eine schöpferische Tätigkeit entfaltet.

Das Leib-Seele-Problem:

Es würde sich nun noch um die Frage handeln, in welchem Verhältnis das Regulationssystem zu dem Körper des Lebewesens steht. Damit befinden wir uns vor einem Problem, an dem sich die größten Geister unter dem Stichwort „Leib-Seele-Problem“ bis zum heutigen Tag den Kopf zerbrochen haben; und da können und wollen wir uns nicht unterfangen, diese Frage philosophisch zu lösen, wir können nur allgemein auf naturwissenschaftlicher Basis zu ihr Stellung nehmen.

Es fällt dem Menschengeist unglaublich schwer, ein informationsverarbeitendes System, zu denken, und so ist er denn auch immer wieder darauf zurückgekommen, die Seele als einen, wenn auch noch so feinen Stoff, als ein ätherisches Wesen usw. aufzufassen. Die Informationsverarbeitung, die dahinter steckt, wurde ausgeblendet. Mag man den Stoff noch so fein denken, er bleibt doch eben immer Stoff und als solcher messbar, was für die Seele, als ein informationsverarbeitendes System unmöglich ist. Wir müssen daher die Vorstellung von Seele als ätherischem Wesen fallen lassen.

Wie aber wirkt die Seele, das heißt das Bio-Regulationssystem, auf den Körper ein?

Die Frage lässt sich nach obigen Vorbereitungen recht einfach und ohne ätherischen Körper, ätherischem Wesen oder was auch immer Ätherischem beantworten. Jede Information und damit auch jeder informationsverarbeitende Prozess benötigt in unserer lokalen Welt immer einen stofflichen oder energetischen Informationsträger.

Ein ausgedrucktes E-Mail hat als Informationsträger das Papier. Das Fernsehprogramm benötigt als Informationsträger die elektromagnetischen Radiowellen, die uns das Programm ins Haus bringen und zusätzlich den Fernsehbildschirm als Informationsträger für das Bild, damit wir es betrachten können….

Zum Buch:

Leben nach dem Leben: Die Befreiung des Bewusstseins von den Fesseln der Zeit (Wissenschaft gemeinverständlich)